Erich Félix Mautner
ERICH FéLIX MAUTNER
Artist Agency, Event Management, Model Agency, Public Relations
Webcam (under construction)

SELBST SICHER (Seite 2)


Die 1000 Augen des Dr. Mabuse und „wie wehren?“

Genau genommen kommt der Einsatz von „Privat- Sheriffs“ einer Bankrotterklärung des Staates gleich. Diese Erkenntnis ist nicht harmlos. Genau genommen ist es eine Frechheit, dass wir auf Schritt und Tritt von Kameras beobachtet werden. Jetzt schon! Genau genommen, meint der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk, ist das Sicherheitspolizeigesetz aus 2005 ein „Dammbruch zum Überwachungsstaat“.

Der prominente Jurist und Universitätsprofessor Dr. Josef Demmelbauer, schon im letzten Augustin zitiert, trägt dazu wichtige Axiome bei: „Das staatliche Gewaltmonopol gehört zu den elementarsten Staatsaufgaben“, „Einig ist man sich darüber, […] dass die möglichst effektive Wahrnehmung der Staatsaufgabe „Innere Sicherheit“ nach wie vor zugleich ein zentraler Legitimationsgrund für die Existenz des Staates überhaupt ist und dass selbst in privat überwachten Bereichen die Polizei präsent bleiben muss“,  „Diese Bestimmung scheint […] als selbstverständlich vorauszusetzen, dass Wachkörper nur vom Staat unterhalten werden dürfen“!  

Die wahrscheinlich unappetitlichste Form, privater Sicherheitsarbeit, ist die Überwachung per Videokameras. Eine Disziplin, die jedenfalls hauptsächlich von privatem Sicherheitspersonal ausgeübt wird. Weil hier die Grenzen zwischen der Befriedigung berechtigten Sicherheitsbedürfnisses und widerlichstem Voyeuristentums kaum zu ziehen sind, überlässt der Staat die Schmutzarbeit gerne Ausgelagerten oder eben Privatsheriffs. Aber: Sensibilisiert durch die Lachnummer der freiheitlichen Bürgerwehr in Graz ist es in Österreich zunehmend nicht mehr egal, ob und wer aufnimmt und wobei.

Wache Bajazzo!

Zur Erinnerung: Anno 2002 sind in der „Stadt der Volkerhebung“ uniformierte Parteisoldaten der FPÖ aufgetreten, die für Ordnung sorgen wollten. Der Schriftsteller Gerhard Ruiss über die ehemalige Grazer Bürgerwehr: „Mit Sicherheit hat das nur soviel zu tun, als dadurch mit Sicherheit in das Gewaltmonopol des Staates eingegriffen wird.“ Die Rechtsanwältin Dr. Susanna Ecker: „Rechtlich befinden wir uns hier in einer Grauzone, gerade das Filmen durch eine Bürgerwehr ist ein absolutes Novum.“ Würden Jugendliche gefilmt, sei das sicher illegal. Apropos, fotografieren und filmen kann jeder. „Sie müssten sich halt ein Taferl umhängen, dass sie nicht fotografiert werden möchten“, rät der Grazer Strafrichter Helmut Krischan. Sobald so ein Foto oder ein Video veröffentlicht wird, wird’s enger, dann gilt das Medienrecht und das Urheberrecht. Und das ABGB definiert das Recht auf Privatsphäre. „Der Oberste Gerichtshof sagt aber klar, Einzelinteressen seien abzustimmen. Wenn jemand per Foto einer Straftat überführt wird, ist dieses Gut höher stehend als das Recht auf das eigene Bild“, erläuterte der Grazer Zivilrichter Peter Semlitsch im Kurier. Der grazer Polizeichef Stingl: „Das ist eine zivilrechtliche Frage, ob sich jemand belästigt fühlt!“ Der damalige Innenminister Ernst Strasser meinte, dass „rechte Gruppen glauben, damit Furore zu machen“ und den Nagel auf den Kopf getroffen hatte ausgerechnet der wortgewaltige FPÖ-Chef Herbert Haupt, der versprach, dass es solche „Rollkommandos“ nicht mehr geben werde.

Das Projekt ist tüchtig in die Hosen gegangen – und hatte damit die Diskussion um Videos und Fotos im Dienste von Recht und Ordnung in alle Bundesländer getragen. 

That`s Video Life

Zu dieser Zeit hatte der Experte Siegfried Frisch bereits über die Video-Überwachung in Österreich geschätzt, „Die Untergrenze würde ich bei mindestens 100.000 Kameras festlegen“. Da sind Kaufhäuser, Schnitzelbuden und Verkehrskreuzungen mitgezählt. Auch der Platz vor dem Grazer Rathaus, wo schwenkbare Kameras den Verkehr beobachten aber eigentlich zum persönlichen Schutz des Bürgermeisters installiert wurden. Mittlerweile werden per Video Mistkübel beobachtet, ob die BürgerInnen wohl auch vorschriftsmäßig trennen, Bankomaten, Geldinstitute, U-Bahn-Stationen, Fahrtreppen sogar zwingend, Juweliere und Casinos. Im April 2003 berichtete der Standard bereits von „165.000 Kameras im Dauereinsatz“, darunter auf Sportplätzen, in Trafiken und Garagen, und zitiert Ernst Strasser: „Wir haben derzeit die eher skurrile Situation, dass jedermann in der Öffentlichkeit aufgenommene Videos speichern kann, nur die Polizei nicht.“ Das Sicherheitspolizeigesetz sieht den Kameraeinsatz zur Vorbeugung gefährlicher Angriffe bei Versammlungen und Demonstrationen vor.

Es ist nicht egal, wer wen wann und wo per Stand- oder Laufbild aufnimmt. Spätestens, wenn seine Darstellung per Mail um die Welt geht, das gab’s ja schon, oder weltweit unter http://www.youtube.com anzusehen ist, wird das auch dem verbissensten Law-and-order-Typen klar sein. Andererseits: Ein linzer Elektrohändler stellte einen mitgefilmten Diebstahl ins Internet, um die Täter auszuforschen.

Die burgenländische Variante des Problems ergab sich 2004 am Damen-WC einer oberwarter Handelsschule, wo ein Lehrer die Schülerinnen per Video beobachtet hatte. Und zwar straffrei. Die Schülerinnen wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

2005 wurden auf Befehl des hinlänglich prominenten Chef-Cops Horngacher alle Besucher eines wiener Wettlokales verewigt. Einer wehrte sich dagegen, was ihm allerdings nichts genützt hatte. Laut UVS-Bescheid war die „zwangsweise Anfertigung der Fotos“ tatsächlich rechtswidrig. Da der Beschwerdeführer nicht unter Verdacht gestanden sei, wäre seine Erkennungsdienstliche Behandlung rechtwidrig gewesen!

In Handy Shops werden die Kunden per Video aufgezeichnet. Robert Mang ist zwar Alarmanlagenspezialist, wusste das aber auch nicht. Weil er sich am 7. November 2005 ein neues Handy zulegte und dabei gefilmt wurde, konnte er später als Saliera-Dieb gefasst werden.

Endlich Rechtssicherheit – für die Polizei

Erst seit 2005 hat die Polizei die Möglichkeit, auf öffentlichen Plätzen Videos anzufertigen. Die Bilder werden rund um die Uhr aufgezeichnet und dürfen für 48 Stunden gespeichert werden. Nur wenn die Aufnahmen als Beweismittel oder zur Fahndung dienen, können sie länger aufbewahrt werden. In Wien trifft das auf den Schwedenplatz, einen Teil des Karlsplatzes und den Vorplatz des Westbahnhofes zu. Und auf den Parkplatz der SCS.

Am Schwedenplatz gab es schon heftigen Stunk, weil die Kameras so schwenkbar sein sollen, dass sie auch in Wohnungen „schauen“ könnten – was die Polizei selbstverständlich heftig bestritt. Dort sind, so Peter Goldgruber von der Bundespolizeidirektion Wien, die monatlich registrierten Suchtgift- und Gewaltdelikte wegen der Überwachung von 70 bis 80 auf „null bis zwei“ zurückgegangen. Und finden jetzt woanders statt.

Im Jänner 2006 hatte die damalige Justizministerin Karin Gastinger ein Gerät vorgestellt, das Besucher des „Häfen“ im wiener Straflandesgericht beim Eintreten konterfeit und so sicherstellt, dass nur hinaus kann, wer auch kurz zuvor bei diesem Eingang eingetreten ist. Auf die Frage, wie lange denn dieses Bild gespeichert bleibe, versicherte Gastinger, dass die Daten beim Verlassen des Gebäudes wieder gelöscht seien. Die selbe Frage an den Techniker jener Firma x-pin.com gerichtet ergab, dass die Speicherkapazität des Gerätes schier unendlich sei, man die Daten also für die nächsten Jahre nicht zu löschen gedenke.

Im selben Jahr wurden in einem linzer Hallenbad ohne Ankündigung und Bewilligung Videos gemacht, die die Leute beim Umkleiden, also auch nackt dargestellt hatten, das, um einen Burschen zu finden, der regelmäßig Kästchen und Kabinen aufbrach. „Da die bisherige Überwachung der Schwimmhalle ergebnislos verlief […] ist die Durchführung der optischen Überwachung zur Aufklärung der in Rede stehenden strafbaren Handlung notwendig“, heißt es in der OLG-Entscheidung. „Gelindere Grundrechtseingriffe“ seien nicht ersichtlich gewesen.

Es scheint, als wäre den Repräsentanten des Staates bei so vielen und so wenig kontrollierbaren privaten Videokameras im Lande auch mulmig geworden. Im rot-schwarzen Regierungsübereinkommen heißt es: „In gewissen Bereichen, wie Überwachung von Plätzen und Kriminalitäts-Hot-Spots, hat sich die bereits im Sicherheitspolizeigesetz geregelte Videoüberwachung als sinnvoll erwiesen. […] Neben diesen sinnvollen gesetzlichen Regelungen werden taugliche Rechtsgrundlagen für Videoüberwachung für Private im öffentlichen Raum geschaffen, damit sowohl dem Rechtsstaat wie auch dem Grundrecht auf Datenschutz und Privatsphäre entsprochen wird und diese Materialien für die Verfolgung von Straftaten verwendet werden können. […] Dies auch im Hinblick auf bereits bestehende Kooperation […] mit den ÖBB oder den Wiener Linien“.

Die ÖBB, auch keine exekutive Behörde, hat bereits 1000 Kameras in ihren Bahnhöfen montiert. Der Standard: „Somit nehmen nach den Wiener Linien auch die ÖBB ihre Fahrgäste ins Visier.“ Sozusagen als Dank für ihre Kundentreue und dass sie nicht individuell unterwegs sind. Die Wiener Linien dürfen bereits seit 2005 in Stationen und Zügen aufzeichnen. 171 neue Schnellbahnwaggons und etwa 50 andere ÖBB-Verkehrsstationen werden noch heuer aufgerüstet. „Bis 2011 sollen österreichweit 160 Stationen ‚filmreif’ sein“. Waltraud Kotschy ist die Vorsitzende der Datenschutzkommission im Bundeskanzleramt: „Bei einem Grundrechtseingriff, wie ihn die Videoaufzeichnung darstellt, muss geprüft werden, ob die eingesetzten Mittel geeignet sind, um das angestrebte Ziel zu erreichen.“  Jetzt sinnieren auch die wiener Taxifahrer über eine Videoüberwachung ihrer Fahrzeuge – was bisher nur an den Kosten gescheitert ist.

„Wer die Grundfreiheit zugunsten temporärer Sicherheit aufgibt, verdient weder Freiheit noch Sicherheit“
(Benjamin Franklin)

Mittlerweile sind die wiener U-Bahn-Stationen fast flächendeckend videoüberwacht. Das machen die Underground-Filmer schon im eigenen Interesse, um Vandalenakte an der Einrichtung zu verhindern. Datenschützer Adrian Dabrowksi: „3,7 Millionen Euro kostet die flächendeckende Aufrüstung mit Kameras – um jährliche Schäden von 200.000 Euro zu verhindern.“

Ab März 2008 wird die Salzburger Altstadt per Video überwacht: Zunächst wird von 14 Kameras gesprochen, die so vitale Interessen, wie, dass kein KFZ in die Fußgängerzone biegt, schützen sollen. „Das Kennzeichen jedes passierenden Fahrzeuges wird aufgezeichnet. Nach einem Abgleich werden die Inhaber einer Ausnahmegenehmigung binnen 48 Stunden wieder aus dem System gelöscht, der Rest wird abgestraft“ (Salzburger Nachrichten).

Die ASFINAG nimmt jetzt schon die Kennzeichen aller LKWs auf, die auf ihren Autobahnen daherglühen, was Hubert Gorbach einen Big Brother Award einbrachte. Jetzt will sie mit permanenter Videoüberwachung auch die anderen Zechprelller auf den Autobahnen finden. Das kann man ihr doch wirklich nicht verwehren!

Die (immer schon) umstrittene Section Control ist ja nichts anderes. Hier wird jedes Kennzeichen der Fahrzeuge, die in einen bestimmten Bereich einfahren, aufgenommen und gespeichert. Das ist laut Verfassungsgerichtshof rechtswidrig, aber nicht etwa, weil da ein Grundrecht verletzt werde, sondern weil keine passende Verordnung ausgegeben worden sei.

In der Wiener City wachen zwei Videokameras über dem Spielplatz für Kleinkinder. Ein aufmerksamer Standard-Leser hält das für „bizarr“: „Warum werden Kleinkinder für den Verfolgungswahn einiger Personen am Rudolfsplatz mit dem Entzug ihrer Bürgerrechte bestraft?“ Von der gestressten Bezirksvorsteherin, Ursula Stenzel, hört man allerdings, dass das sowieso Attrappen seien. „Die Dummies wurden schon Ende 2004 montiert“, sekundiert SPÖ-BV-Stellvertreter Niedermühlbichler. Bleibt die Frage, warum sollte man das glauben?

  • „Für Kameras in Pausenräumen und Toiletten gibt es keine Rechtfertigung“, meint Rechtsanwältin Dr. Artner. In Betrieben müsse generell die Zustimmung des Betriebsrates oder der betroffenen Personen eingeholt werden. Auch eine versteckte Kamera zur privaten Überprüfung ob und von wem eine Wohnung bewohnt wird, ist nach Erkenntnissen des OGH nicht erlaubt.
  • Über digitale Aufzeichnungen und Verarbeitungen personenbezogener Daten wacht das Datenschutzgesetz.
  • Allerdings kann auch das Arbeitsrecht, das Urheberrecht, das Mediengesetz und das Strafgesetz zuständig sein.
  • Eine Überwachungsanlage, die Bilddaten aufzeichnet, ist nach Rechtsauffassung der Datenschutzkommission eine meldepflichtige Datenanwendung, weil dabei die Daten identifizierbarer Personen verarbeitet (d.h. ermittelt, gespeichert und möglicherweise auch z.B. an Polizeibehörden übermittelt) werden.
  • Die Errichtung von Videokameras muss beim Datenverarbeitungsregister (DVR), das bei der Datenschutzkommission eingerichtet ist (http://www.dsk.gv.at), gemeldet werden.
  • Da bei der Videoüberwachung unter Umständen auch sensible Bilddaten aufgezeichnet werden (z.B. über Rasse - die Hautfarbe eines Passanten - oder Gesundheit - die Tatsache, dass jemand Krücken oder einen Rollstuhl benützt -), darf eine Videoüberwachungsanlage erst nach Abschluss des Registrierungsverfahrens in Betrieb genommen werden bzw. erst dann, wenn sich das Datenverarbeitungsregister innerhalb von zwei Monaten nach Einlangen der Meldung nicht geäußert hat.
  • Es gibt keinen Bestandschutz für Altanlagen (die vor Inkrafttreten des DSG 2000 installiert wurden). Der Betrieb nicht gemeldeter Überwachungsanlagen ist illegal; solche Anlagen dürfen nicht in Betrieb sein.
  • Es ist strafbar, eine Datenanwendung durchzuführen (= in Betrieb zu nehmen), ohne die Meldepflicht erfüllt zu haben. Dies stellt eine Verwaltungsübertretung (§ 52 Abs. 2 Z 1 DSG 2000) dar, die mit einer Geldstrafe von bis zu 9.445 Euro (ursprünglich 130.000 Schilling) geahndet wird.
  • Wer sich gespeicherte Daten widerrechtlich beschafft, dem drohen bis zu zwölf Monate Haft.
  • Wer sich über Videoaufzeichnungen beschweren will, kann das mit einer Eingabe nach § 30 DSG 2000 an die DSK. Diese wird den Fall prüfen, und sich um die Beseitigung rechtswidriger Zustände bemühen, wobei sie allerdings die Einstellung einer privaten Videoüberwachung nicht erzwingen kann. Dazu wäre eine Klage bei Gericht auf Unterlassung erforderlich.
  • Jeder Bürger kann dort nachfragen, ob Kamera und Aufzeichnung registriert sind.

Um nicht missverstanden zu werden: Auch von uns tritt niemand gerne in Hundekot, auch wir ärgern uns über Red Bull-Dosen und Bierflaschen im Rasen und auch wir sind dafür, dass Wien eine sichere Weltstadt bleiben und die Menschen gegen Gangstereien geschützt werden sollen. Hier wird bloß an Beispielen gezeigt, wo überall der Staat seine wichtigste Funktion abgibt, nämlich für die Aufrechterhaltung der Sicherheit im Staatsgebiet zu sorgen.

So richtig aufmerksam auf die Wucherungen im privaten Sicherheitsgewerbe wurden die Österreicher erst, als am rechten Rand des Parteienspektrums in Graz eine Bürgerwehr gegründet wurde. Die damalige Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer hatte diese noch mit Klauen und Krallen verteidigt, ihr Verein sei, geh weg!, „keine Konkurrenz zur Polizei“, ehe ihr das alles wurscht wurde und sie zur Wüstenroth-Chefin wurde. Indes ist bei der Magistratsdirektion Graz eine Anzeige gegen den FPÖ-Verein eingegangen: Die Uniformen der Bürgerwehr führten in einem dreieckigen Emblem das steirische Wappentier, den Panther, was offiziösen Charakter vorspiegeln und eine Verletzung des Wappengesetzes von 1979 dargestellt haben soll.

Auf der Wiener Donauinsel patroullieren derweil vom Bürgermeister eingesetzte Grill-Sheriffs, die über martialische Uniformen, Sonnenbrillen, Ausweise, Panzerstiefel und keine Scheu, sich lächerlich zu machen, verfügen. Wiener Zeitung: „Die Sicherheitskräfte rücken teilweise auch mit kräftigen Hunden aus“. „Dann haben die Leute mehr Respekt vor uns!“ Tatsächlich erschöpft sich die Kompetenz dieser Miliz auf das strafweise Löschen von Feuerstellen mittels mitgebrachter Wasserkanister.

In Hernals, genauer in Dornbach, streifen grimmige Pensionisten durch die Gassen, natürlich auch mit Hunden, z.B. mit den berühmt-mutigen Collies, und nennen das „Neighberhood watching“. „Wir werden hier versuchen, so weit als [sic!] möglich zu kooperieren“ frohlockt Oberst Wolfgang Haupt, Leiter der Kriminaldirektion 3. Und hofft, dass sich diese Sitte auf andere Bezirke ausdehnen möge. Die Sunny Boys könnten ihm ja Arbeit abnehmen.

2002 wurde mit der Wiener Polizei angeblich vereinbart, dass die „Private City Patrol“ ihre Streifentätigkeit mit Handschellen und Pfefferspray aber ohne Schusswaffen tätigen, bzw. die Innenstadt-Kaufleute beschützen darf. Ähnlich geht es in der Salzburger Innenstadt und im Airportcenter in Wals zu.

Private schießen schneller als ihr Exekutiv-Schatten

„Dieses "Selbsthilferecht" entsteht, "wenn staatliche Hilfe zu spät kommt" (vgl §§ 19, 344 ABGB, §3 StGB).“ Und,“ in Wahrheit sind die privaten Notrechte weiter gefasst als die Befugnisse der Staatsorgane! Vergleicht man etwa das private Notwehr- und Nothilferecht des § 3 StGB mit dem Waffengebrauchsrecht der Exekutive, ist festzuhalten, dass ein Mitarbeiter eines privaten Wachdienstes, dem keine staatliche Hoheitsgewalt eingeräumt wurde, theoretisch mehr "darf" als ein Sicherheitsbeamter der Polizei. Denn das private Nothilferecht kann zur verlässlichen Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs auf Leib und Leben, Freiheit und Vermögen verwendet werden. Kommt als gelindestes Mittel zur Gefahrenabwehr nur die Benützung einer Waffe in Frage, so darf diese auch in lebensgefährdender Weise eingesetzt werden“, analysiert der Wiener Rechtsanwalt Dr. Franz Stefan Pechmann in der Wiener Zeitung vom 8. Oktober 2005. „Im Waffengebrauchsgesetz der Exekutive hingegen ist festgelegt, dass ein lebensgefährdender Waffengebrauch bei Eigentumsdelikten nicht gestattet ist (§7 leg.cit legt taxativ fest, wann der mit Lebensgefährdung verbundene Gebrauch einer Waffe gegen Menschen zulässig ist). Wenn man dann noch zusätzlich ins Kalkül zieht, dass der Ausbildungsgrad im privaten Bereich jenem der Hoheitsverwaltung in der Regel nachhinken wird, zeigt sich die Gefahr einer nicht unbeträchtlichen Rechtsschutzlücke.“

[…] „Unter Umständen ergibt sich im Einzelfall sogar bereits eine rechtliche Verpflichtung für gewisse Unternehmen, sich eines Wachdienstes zu bedienen. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 19. Jänner 2005 (2R 270/04x) haftet eine Bank ihren Kunden für Schäden aus einem außerhalb der Bankräumlichkeiten begangenen Raubüberfall, wenn die Sicherheitsvorkehrungen des Kreditinstitutes mangelhaft waren. Das Oberlandesgericht nimmt in der Urteilsbegründung neben einem zuzumutenden Sichtschutz beim Schalter auch Bezug auf das Erfordernis allenfalls abzustellender "Wachdienstbeamten": "(...) Die Bank ist nicht nur verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor Überfällen zu schützen und zu diesem Zweck - wie es manchmal geschieht - Sicherheitsbeamte in den Filialen abzustellen, sondern auch ihre Kunden“ Dr. Franz Stefan Pechmann weiter.

In Wels wachen Mannen des ÖWD, des Österreichischen Wachdienstes, auf Kinderspielplätzen und Rasen. „Unsere Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass Ruhe und Ordnung sichergestellt sind.“

Seit 2006 wird in Graz wieder privat patroulliert. Diesmal ist es nicht der FPÖ-„Verein der Bürger für Schutz und Sicherheit“ sondern die LEO GmbH von Projektleiter Mag. Peter Prettenhofer. Vor mehr als vier Jahren wurde diese „Lern- und Entwicklungswerkstätte Oststeiermark“ als gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft in Großsteinbach gegründet. Das Unternehmen beschäftigt über Vermittlung des AMS Langzeitarbeitslose oder Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Seit dem Sommer 2005 werden die also qualifizierten unter dem Projektnamen „ARGUS“ als Privatsheriffs in steirische Gemeinden, die das wollen, vermittelt. Und es sind schon einige – inklusive Schladming und der Landeshauptstadt.

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